Zum Autor

Vita - brevis

 
1953: Geburt am 16. Mai in Schorndorf (Baden-Württemberg)

1972-79: Studium der Geschichte, Deutschen Philologie und Sozialkunde für das Lehramt an Gymnasien an der Ludwigs-Maximilians-Universität München

Lehrtätigkeit an den folgenden Schulen:
1981-98 und 2004-07: Michaeli-Gymnasium München
1998-2004: Deutsche Schule Toulouse (Frankreich)
2007-2015: Deutsche Schule Bilbao (Spanien)
2015-2019: Gisela-Gymnasium München
2019-2022: Städtische Berufsschule für Augenoptik München
2021-2023: Ellis-Kaut-Fachoberschule München
   
Lebenslauf | Curriculum Vitae (Stand: 20.1.2022)
Bibliographie
Blogographie


Wie es begann


1963 begann Lothar Thiels schriftstellerische Laufbahn mit folgendem Werk:

Erwin und ich, ich und Erwin,
wir gingen zu dem Aichenbach
und suchten uns ein Unterdach.
Es regnete gar ziemlich arg,
und Erwin sagte: So ein Quark!
Wir wurden immer nasser,
und Erwin fiel ins Wasser.

Trotz der unübersehbaren Verwurzelung dieser Dichtung im realen Leben schloss sich dem Erstling fast ein Menschenalter zermürbender Hinterfragung des eigenen lyrischen Schaffens an, eine Phase, die durch den Einstieg ins Deutschlehrerdasein 1979 eher verlängert als verkürzt wurde. Dann endlich, 1992, entstanden diese todtraurigen Verse:

Die Glasscherbe

Im weichen Meersand entdeckte
ich zu meinen Füßen
eine grüne Glasscherbe.
Inmitten einer Unzahl winziger Sandkörnchen
hatte sie Glanz und Schärfe
ganz und gar verloren.
Angenehm in der Hand liegend,
schien sie mir einem rohen Saphir ähnlich.

Da:
entgleitet meinen Fingern sie
und fällte ins tiefe dunkle Gras.

Du armes Wesen, ruhe sanft!

Die Interpretation ist ganz einfach: Das lyrische Ich verdoppelt sich in die Glasscherbe und ihren mitleidsvollen Betrachter. Einst stolzes Gefäß edelster Leidenschaften, wurde sie durch verschmähte Liebe zerschmettert und selbst die anfängliche Schönheit ihres Leidens im Lauf der Jahre zerrieben.

Anders als 1963 blieb Lothar Thiel nun dran und erweiterte allmählich sein Repertoire an Formen und Themen. Zu seiner Freude begegneten ihm in der Folgezeit nicht nur finster entschlossene Verächter und Liebhaber seiner Versuche, sondern auch Leute, die Gelungenes und völlig Vorkorkstes beim Namen nannten und ihre Urteile sogar begründeten. Und wenn es nach ihm geht, kann das ruhig so bleiben.

Lothar Thiel lebt seit Juli 2015 wieder in München.